Michael Parschau

Ganz wichtig für die Therapiearbeit ist das Menschenbild, das der Therapiemethode zu Grunde liegt. An der Logotherapie ist besonders, dass sie ein Menschenbild hat, das im Menschen eine Einheit aus Körper, Seele und Geist sieht. Diese drei Bestandteile sind zwar unterschiedliche Aspekte und Qualitäten, werden aber in jedem Menschen in untrennbarer Form zu einer Einheit verbunden. Zusätzlich ist festzustellen, dass jeder Mensch ein einzigartiges Wesen ist mit seinen individuellen Bedürfnissen, Erfahrungen und Sinnmöglichkeiten. Jeder Mensch ist ein sinnsuchendes Wesen, das einen Sinn braucht und über die Suche danach oder die Konkretisierung davon auch seinen Weg zu seinem persönlichen Glück findet.

In der konkreten Therapieanwendung kommen als Methoden die Wertimagination und das dichte Gespräch zum Einsatz, die es ermöglichen, geistige Kräfte erfahrbar zu machen und diese gezielt ressourcenstärkend zu nutzen. Diese Methoden wurden von Uwe Böschemeyer etabliert und funktionieren sehr erfolgreich, um in Kontakt mit den unverlierbar vorhandenen geistigen Energien zu kommen. Damit Erleben und Verstehen zusammenkommen können, sind Wertimaginationen eingebettet in therapeutische Gespräche. Es wird also nicht permanent im Unbewussten „gesurft“, sondern sichergestellt, dass jeder Schritt verstanden wird. Außerdem ist der Weg in das Unbewusste zielgerichtet auf bestimmte Fragestellungen. Daher kommt eben auch der Name Wertimagination. 

Ebenso ist Traumdeutung ein wichtiger Weg, um die inneren Botschaften als Hinweise für möglichen Veränderungsprozesse verwenden zu können. Träume können übrigens nachträglich auch mit Hilfe einer Wertimagination bearbeitet und komplett ausgedeutet werden, wenn es anders nicht gelingen will. Spätestens bei der Traumdeutung wird klar, dass jeder Mensch einzigartig ist, weil die Deutung nur im Licht der individuellen Gegebenheiten möglich ist. Die Traumsymbole kommen zwar häufig aus dem kollektiv Unbewussten, werden aber im Menschen in individueller Weise wirksam. Verallgemeinerungen scheitern in der Regel schon am Anfang. Traumdeutung muss über längere Zeit gelernt werden, bis die verschiedenen Facetten der Traumarbeit erkennbar werden und die Funktion der Kompensation für das Tagesbewusstsein nachvollziehbar erscheint.

Ebenfalls Bestandteil der Therapiearbeit ist das Enneagramm. Dies ist eine erfahrungswissenschaftliche Methode zur Typisierung von Menschen, die sich in der Praxis als sehr hilfreich und treffsicher erwiesen hat. Ohne eine Typisierung würden viele Interventionen wirkungslos sein oder schlimmstenfalls kontraproduktiv. Wissenschaftlichen Maßstäben genügt diese Methode allerdings nicht.

Die Techniken der Regressionstherapie ermöglichen eine Rückführung in frühere Situationen des Lebens, die man mit einer gesunden Distanz betrachten und therapeutisch bearbeiten kann. Falls man in traumatische Begebenheiten hingeraten würde, die man nicht verarbeiten könnte, sperrt das Seelen-Ich den Zugang zum Erlebnis, das ist in etwa vergleichbar mit einer Art Automatismus. Es besteht also nicht die Gefahr, von abgespaltenen Seeleninhalten oder traumatischen Erlebnissen überrannt zu werden. Für den ein oder anderen Klienten, der an Rückführung in frühere Leben interessiert ist, bietet diese Methode ebenfalls eine sehr gute Basis. Rückführung in frühere Leben, das sei gesagt, muss man aber nicht zwangsläufig gemacht haben, wenn man ein glückliches, selbstwirksames Leben führen möchte. Ich will auch nicht einen Wettstreit therapeutischer Methoden lostreten. Alle Methoden haben ihre Stärken und Berechtigungen, wesentlich für die Persönlichkeitsentwicklung und therapeutische Arbeit ist die Beziehungsebene zwischen Klient und Therapeut.

Ich werde oft gefragt, ob denn diese oder jene Methode auch bei jedem funktioniert. Das liegt daran, dass sich die meisten nicht vorstellen können, wie es ist, in einem tranceähnlichen Zustand zu sein. Es geht nicht darum, etwas Bestimmtes zu leisten oder zu tun, es geht nur darum, einfach nur zu sein. Bis jetzt hatte ich noch keinen Fall, in dem ein Werkzeug nicht funktioniert hätte, aber ich kann nicht ausschließen, dass eine unbedingt gewollte Therapiemethode vielleicht auch mal nicht funktioniert.

Welche Methode zu welcher Fragestellung und zu welchem Klienten passt, ist ganz unterschiedlich. Im therapeutischen Gespräch stellt sich das meistens heraus. Menschen sind sehr individuell und haben Fragestellungen, die nicht vergleichbar sind mit anderen Menschen. Die Klienten entwickeln üblicherweise Interesse an der ein oder anderen Methode und wollen diese dann einmal kennen lernen. Man muss sich aber nicht zwangsläufig für eine Methode entscheiden, alle therapeutischen Interventionen funktionieren auch im Gespräch. Für mich steht im Vordergrund, womit sich der Klient oder die Klientin wohlfühlt. Ich würde höchstens bremsen, wenn ein Klient zu oft von einer bestimmten Methode Gebrauch machen möchte, weil er sie so schön findet. Es gehören auch die Gespräche dazu, so dass Wahrnehmen und Verstehen zusammen kommen können. Eine Grundregel, die immer gilt, ist, der Klient entscheidet, es findet keine Wertübertragung statt, so dass nichts gegen den Willen des Klienten geschieht.